Spurensuche in der Vergangenheit in neuen digitalen Welten

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Pilotversuch „Digitale Schule der Zukunft“ am Beispielfach Geschichte in der sechsten Klasse

Freitagvormittag, 8 Uhr: Unterrichtsbeginn für den 11-jährigen Maximilian. Der Sechstklässler sitzt im Klassenraum, doch dieses Jahr ist der Unterricht ganz anders als er es noch aus dem letzten Schuljahr kennt. Vor wenigen Minuten hat er seinen Laptop hochgefahren, das W-Lan funktioniert, das Passwort wurde aktiviert, gleich kann es losgehen: Auf dem Stundenplan steht Geschichte.

Maximilian kennt den herkömmlichen Unterricht und durch das Homeschooling aus der Coronazeit hat er auch schon erste Erfahrungen in computergestütztem Arbeiten. Jetzt ist er gespannt, wie er seinen neuen Laptop in der Schule zum Einsatz bringen darf. Wie lässt sich beispielweise ein Thema wie „Das Leben in der Jungsteinzeit“ mediengestützt bearbeiten?

Nach einer Inputphase recherchiert der Schüler nun über die Jungsteinzeit im Internet, um eine Reportage aus der Vergangenheit zu verfassen. Die Schülerinnen und Schüler schlüpfen etwa spielerisch in die Rolle von „Steinzeit“-Journalisten, die sich auf Spurensuche in eine vergangene Zeit begeben. In einer weiteren Sequenz sieht die Klasse die damaligen Lebensumstände durch die Augen eines Archäologen, der das Leben „des Mannes aus dem Eis“ zurückverfolgt. Ötzis Lebens- und Todesumstände werden anhand der Fundstücke vor Ort virtuell rekonstruiert. Wer war dieser Mann aus dem Eis eigentlich? Bei dieser Frage helfen den Schülern auch kleine Filmsequenzen, die sie sich an den Endgeräten im individuellen Tempo ansehen. Sie lernen, sich kritisch mit den Fundstücken auseinanderzusetzen und einen Steckbrief zu der gesuchten Person zu verfassen und abzuspeichern.

Die Möglichkeiten, die das World Wide Web für den Unterricht offenbart, sind zahlreich. Online nutzen LehrerInnen und SchülerInnen Materialien des benachbarten Medienzentrums des Landkreises Fürth. Der Medienkatalog bietet etwa eine große Palette an interaktiven Arbeitsheften oder Filmmaterialien mit Quizfragen. Ebenfalls hat die Lehrerin nun ihr Geschichtsbuch „mit einem Klick“ dabei, hinterlegte Mediencodes in den Schulbüchern führen zu digitalen Zusatzmaterialien (auch über den Unterricht hinaus finden die Kinder interessante weiterführende Informationen), Audiodateien stellen eine Alternative zum persönlichen Vorlesen durch Mitschüler dar. Kartensimulationen weisen ebenfalls einen Mehrwert zum herkömmlichen Schulbuch auf.

Digitale Medien begegnen den Kindern mittlerweile in allen Lebensbereichen. Für die heranwachsende Generation, wie sie Max repräsentiert, ist ein Leben ohne Tablet und Handy kaum noch vorstellbar. Zukünftige gesellschaftliche und berufliche Lebensgestaltung ist vor diesem Hintergrund für junge Menschen untrennbar mit Technologien verbunden und so ist es selbstverständlich, dass Konzepte mit digitalen Lernwerkzeugen auch im Unterricht Einzug halten.

Im Zentrum der „digitalen Schule“ steht der junge Mensch, der mit Motivation und Freude, selbstbestimmt seine Zukunft gestalten kann.  Der Notwendigkeit, die Jugend von heute auf die Welt von morgen vorzubereiten, sieht sich auch die Realschule Zirndorf verpflichtet.

Somit gewährt der Pilotversuch in den sechsten und siebten Klassen sowohl Lehrern als auch Schülern einen Erprobungsraum, in dem niederschwellig, flexibel und kurzfristig mobile Endgeräte in den Unterrichtsräumen integriert werden. Die Digitalisierung eröffnet dem (Geschichts-)Unterricht darüber hinaus die Chance, sein manchmal doch recht trockenes Image loszuwerden.

Das Credo für den Anfang des Pilotprojekts lautet: Auch frontalorientierte Stunden sind nach wie vor möglich – man kann im Geschichtsunterricht etwa mit Bildern von Quellen arbeiten, diese am Board darbieten und den Schülern schließlich auf ihren Endgeräten zur Interpretation zur Verfügung stellen. Das heißt konkret allerdings auch: Nicht jede Stunde erfolgt nun ausschließlich digital – die Schüler müssen also nicht von acht bis um 13 Uhr vor dem Bildschirm beschult werden. Dennoch zeigt sich bereits in den ersten Stunden, dass die Möglichkeiten der digitalen Umsetzung eine Bereicherung darstellen und eine hohe Flexibilität in der Unterrichtsgestaltung bieten – und das nicht nur im Fach Geschichte!  Und: zuletzt sind auch Lehrer wieder zurückversetzt in die Position von Lernenden. Im Umkehrschluss bedeutet dies auch, dass nicht alle Schritte von Anfang an perfekt verlaufen oder auch ein Akku eines Schülergeräts plötzlich mitten in der Stunde leer sein kann.  Dann heißt es für alle Beteiligten, flexibel zu reagieren und mit oder an der Herausforderung zu wachsen.

Eine lohnende Überlegung bleibt zukünftig, an welchen Stellen die digitale Umsetzung von Lernzielen im Unterricht einen Zusatzwert bietet. So entscheidet schließlich jede Lehrkraft frei, wann auch das klassische Buch noch immer seinen Einsatz finden darf.  Im Moment ist die Veränderung in der Umsetzung von Lerninhalten für alle spannend: „Das Geheimnis des Wandels besteht darin, dass man seine ganze Energie nicht darauf verwendet, das Alte zu bekämpfen, sondern das Neue aufzubauen.“ (Sokrates) … und so bleibt Max´ Klasse und ihre Lehrer offen, wohin der digitale Weg sie führen wird.

Frau Köhler (Klasse 6e)